Gräflicher Orgel-Prospekt in Mittelfranken

Dass Wappen entscheidend sein können, um Zusammenhänge aufzudecken, beweist der kürzliche Fund eines Ortenburger Orgel-Prospekts im mittelfränkischen Ellingen. Dort steht seit 1935 ein in blau gehaltener Prospekt, dessen Spitze das Allianzwappen von Georg Philipp zu Ortenburg (1655-1706) und seiner Gattin Gräfin Amalia Regina zu Zinzendorf (1663-1709) ziert.

Auf der Suche nach der Verbindung zu Ortenburg war Dr. Daniel Schönwald, stellvertretender Leiter des Landeskirchlichen Archivs der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (LAELKB) bereits seit September 2018. Damals trat der in München tätige Kirchenmusiker Dr. Otmar Heinz an ihn mit der Frage heran, wo der Prospekt früher gestanden sei. Da der Prospekt eine Steinmeyer-Orgel verkleidet, vermuteten beide, dass er wohl aus dem schwäbisch-fränkischen Raum stamme, dem Hauptverbreitungsgebiet der Steinmeyer-Orgeln aus dem späten 19. Jahrhundert. Da sich in der einschlägigen Literatur nichts finden ließ, ruhte die Bearbeitung dieser Frage erstmals, da zudem auch die Ellinger Kirchengemeinde nichts zur Orgel-Vorgeschichte wusste.

Anfang des Jahres 2020 brachte der fränkische Heraldiker Eugen Schöler den Kirchenarchivoberrat auf eine neue Spur. Dieser identifizierte es als Ortenburger Ehewappen, nicht aber die zugehörige Ehefrau. Wappenvergleiche im Internet sowie der Austausch mit dem Steinmeyer Orgelbauarchiv folgten. Die Bemühungen blieben jedoch ergebnislos.

Als die Ortenburger Familie Obermeyer nun im Juli Bauakten aus dem 19. Jahrhundert zu den beiden Ortenburger Pfarrhöfen, dem Gemeindehaus und der Marktkirche im Nürnberger Lesesaal einsah, kam im Nachgang der Kontakt zu uns zustande. Ein Glücksfall, denn mit Kirchenmusikdirektor Ralf Albert Franz suchen wir schon länger nach den Spuren der Ortenburger Orgeln. Den entscheidenden Hinweis zur Orgel-Vorgeschichte gibt tatsächlich das Allianzwappen am Prospekt.

Aus Aufzeichnungen aus dem 19. Jahrhundert geht hervor, dass eine barocke Orgel im Zuge der Erweiterung der evangelischen Marktkirche zwischen 1695 und 1706 angefertigt wurde. Damals ließen Graf Georg Philipp und seine Gattin Gräfin Amalia Regina die Kirche verlängern und durch den Einbau einer Doppelempore mehr Platz für weitere Gottesdienstbesucher schaffen. Auf dieser Empore stand bis mindestens 1842 eine Barockorgel. Entweder Georg Adam Ehrlich versetzte diese in jenem Jahr nach Steinkirchen oder die Firma Steinmeyer baute diese 1903 in der Marktkirche ab. Dies ist noch offen, aber es steht fest, dass 1903 der Prospekt aus Ortenburg oder Steinkirchen mitgenommen wurde und kam 1935 in sein neues Zuhause Ellingen.

Die Zuordnung der einzelnen Puzzleteile wäre nie ohne die Zusammenarbeit von Herrn Dr. Schönwald und Frau Steinmeyer möglich gewesen. Anhand der in Ortenburg bereits bekannten Fakten sowie Hinweisen aus weiteren archivalischen Quellen konnte das Puzzle letztendlich erfolgreich zusammengesetzt und das „Fränkische Rätsel“ damit gelöst werden.

Übrigens: Ihr findet diese Wappenpaarung auch immer noch in Ortenburg. Blickt einfach in der Marktkirche an die Decke des Kirchenschiffs. Über dem Eingang zur gräflichen Gruft hängt der Totenschild von Gräfin Amalia Regina.